von Werten und Eindrücken

Der 1. August war auch in hohen Höhen heiss. Ausgesprochen heiss. Sozusagen siedend heiss. Er begann allerdings sehr gemütlich mit der Fahrt auf den Männlichen, wo uns die neue Attraktion, eine Aussichtsplatform-Rutschbahn-Kuh erwartete…

man beachte die rosa Zunge

…die vorne bei der rosafarbenen Zunge die kleinen Kinder wieder ausspuckt. Ein Riesenvieh!

Solche Rindviecher haben uns dann auch auf dem weiteren Weg in Richtung Kleine Scheidegg begleitet. Freundlich und weniger freundlich, aber wir haben alle verscheucht und das „Stöcki Wasser“ ausgiebig genossen. Stöcki Wasser, ist Blöterliwasser aus eigener Quelle. Super! es war überhaupt schön da, jawoll.

Dann haben sich unsere Weg getrennt. Die einen gingen zurück ins Tal (die Jüngsten), die Ältesten, Susanne und David haben das Hotel Bellevue beguckt und sind dann nach Alpiglen gewandert und ich habe mit den Hunden den Weg zurück nach Holenstein in Angriff genommen. Komplett alleine, kein Hund, geschweige denn ein Wanderer unterwegs.

Blick gegen Grosse Scheidegg

Irgendwann war auch mir klar weshalb… es war brütend heiss, kein Lüftchen ging, die Sonne knallte erbarmungslos vom Himmel, die Hunde schlichen neben mir her und die Luft stand dick und dumpf überall.

selbst im Wald

So waren wir alle ziemlich „well done“ nach gut 2.5h wandern und heilfroh, hat uns das Bähnli den Abstieg nach Grindelwald abgenommen.

Elio drapiert auf Jodie

Nach viel Wasser und Ruhe am Schatten waren wir aber wieder ready. Ready für das Fondue mit allen Amerikanern bei uns und ready für die Feierlichkeiten auf dem neuen Eigernordwandplatz. Nun ja, daran muss ich Euch mindestens schriftlich teilnehmen lassen.

Der Eigernordwandplatz ist ein neuer Dorfplatz in Grindelwald. Er macht etwas her, hat ein modernes Dach, eine ansprechende Architektur und eine Hammeraussicht und wohl auch eine Menge Geld gekostet. Da stand also eine kleine Bühne drauf, im Hintergrund die beeindruckende Eigernordwand und die lokale Musikgesellschaft unterhielt die zahlreichen Gäste aus aller Heerscharen Ländern mit flotten Takten. Und in schicker Uniform, derweilen die Gäste an Tischen und Bänken Bier, Wein und Co. tranken.

Dann wurde es dunkler und es mischte sich ein anderer Sound aus anderer Richtung in die Klänge der Musikgesellschaft, die irgendwann aufgab und das Zepter auf die Nebenbühne, an die die lampiontragenden Kinder begleitende Treichlergruppe irgendwo zwischen Parkhaus- und Schwimmbadeingang weiterreichte.

Alsdann verlagerte sich das Geschehen auf die Nebenbühne und der Tourismusdirektor sprach mit Blick in Richtung Parkhauseingang (!), begrüsste die anwesenden Gäste auf Schweizerdeutsch, auf Hochdeutsch, auf Französisch, Spanisch, Holländisch und spätestens beim Salamaleikum brüllten alle vor Lachen. Ja, er hat sich Mühe gegeben… inhaltlich kann ich dazu nichts sagen, weil er schlicht nichts Substantielles gesagt hat. Mager. Äxgüsi.

Dann kamen die weiteren Attraktionen, die Volkstanzgruppe mit eindrücklicher Sonntagstracht…

Trachtengruppe

…und einem Durchschnittsalter von weit über unserem AHV-Alter. Koni meinte lakonisch, er hätte hier alle Chancen, als „Junior“ mitzutun. Na wenn er meint… Fahnenschwinger (mittelmässig begabt und in berndeutschem Tempo – da habe ich von jüngeren Männern schon gewagtere Würfe und Schwünge gesehen, gell Fabian und Felix!), Alphornbläser… sämtliche Klischees wurden abgeholt, allein, es fehlte das Matterhorn. Aber wir waren ja auch nicht in Zermatt….

Fazit: es wundert mich wirklich nicht, wenn alle Touristen aus dem arabischen und fernöstlichen Raum (und davon gibt es hier wirklich ungemein viele und massiv mehr als in vergangenen Jahren) meinen, wir hätten alle Mist an den Schuhen und drei Kühe im Heimetli! Wie kann man nur an einem solchen Ort, wo so viele Filmaufnahmen ab Selfiestick umgehend live in die ganze weite Welt verteilt werden, diese einmalige Chance vertun und ein hinterwäldlerisches, rückwärts orientiertes Bild der Schweiz aufleben lassen?

Bei aller Bescheidenheit und ja, ich weiss, Touristen mögen Kühe, Glocken und Co., aber wir haben weit mehr zu bieten! und wenn die Ansprache aus der Begrüssung in 100 Sprachen besteht ist das zwar nett und gastfreundlich, aber inhaltslos. Und wenn bereits hier der Inhalt der Ansprache, die Botschaft unseres Nationalfeiertages, unsers 1. Augustes verloren geht, werden irgendwann auch Fahnenschwinger und der Alphornbläser obsolet. Wäre die Botschaft des Rütlischwurs (hier aus Schillers „Wilhelm Tell“) nicht gerade auch in der heutigen Zeit allenfalls ein Gedanke wert?

Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr. Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.Wir wollen trauen auf den höchsten Gott und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen!

So, mittlerweile habe ich mich durch die Presse gelesen und festgestellt, dass ICH wohl total daneben, wenn man selbst in der Weltstadt Zürich nur Folklore zu bieten hat….

Über Tina

Staatlich unzertifizierte, altmodische und pädagogisch wenig wertvolle Kinder- und Hundebändigerin mit Hang zum Chaos. Und Liebe zum Mann, zum Chaos und zur Nähmaschine.
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