Aufbruch

Jeder kann zaubern,
jeder kann seine Ziele erreichen,
wenn er denken kann,
wenn er warten kann,
wenn er fasten kann.

Hermann Hesse, Siddhartha (1877 – 1962)

Diese Gedanken über den Verzicht sind mir neulich „per Zufall“ über den Weg gelaufen. Ja, es hat schon etwas, wenn in der Fastenzeit, in der Passionszeit, also in den 40 Tagen vor Ostern (immerhin der höchste christliche Feiertag in unserer Region) immer mehr Leute den Verzicht entdecken. Die einen fasten „normal“, will heissen, sie verzichten auf Nahrung, auf feste Nahrung oder auf Fleisch, andere verzichten auf Süsses, auf exzessiven TV- oder Handykonsum, auf feste Nahrung, Alkohol oder auf weiss nicht was.

Aufgefallen ist mir dieses Jahr eine Kampagne, die dazu aufruft, in dieser Zeit auf Plastik zu verzichten. Also nix mit Shampoo in der Flasche, nix mit in Folie eingeschweissten, hartgekochten Eiern, nix mit geschälten Orangen in der Plastikbox, aber auch nix mit ach so praktisch abgepackten Rüebli, Kürbischnitzen oder Bratwürsten. Oder vielem anderem mehr.

Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Menschheit entdeckt, was sie eigentlich hat. Und was sie im Begriff ist, kaputt zu machen, im Abgas ersticken oder in Plastikmüll verenden zu lassen. Die rasante Skiabfahrt über die Überreste des Morteratschgletschers zeigen auf, was (verhältnismässig) unberührte Natur sein kann. Und wie gewaltig sich der Gletscher seit meiner ersten Begegnung mit ihm, 1984, zurück gezogen hat.

  • 1984 gab es nach dem Abstieg auf die Seitenmoräne einen mehr oder weniger horizontalen Weg zur Isla Pers und von da aus über den Morteratschgletscher nach Morteratsch. Die letzte halbe Stunde war steinig und heiss.
  • 1995 gab es bereits einen leichten Aufstieg nach dem Diavolezza-Gletscher auf die  Isla Pers, die verlorene Insel zwischen den zwei Gletscherströmen. Und der Weg nach dem Gletschertor zur Bahnstation dauerte fast eine Stunde.
  • 2010 gab es weiterhin einen Abstieg auf die Moräne, aber vor allem auch einen gut 45-minüten Aufstieg auf die Isla Pers und einen steilen Abstieg hinten auf den Morteratschgletscher. Und der Weg vom Ende des Gletschers, vom Gletschertor bis zur Bahnstation dauerte fast 1.5h. Mit müden Kindern im Schlepptau.
  • 2017 in einem schneereichen Winter, ist nach der Querung des Diavolezzagletschers an einen Aufstieg auf die Isla Pers nicht zu denken. Steil, geröllig, sozusagen ein eigener „Berg“. Und der Endspurt im flach abfallenden Gelände zur Bahnstation dauert auch mit den Skiern gut 15′.

Ja vielleicht sollten wir alle mal etwas „fasten“, etwas verzichten, uns etwas zurück nehmen und nicht immer meinen, dass wir den Nabel der Welt markieren. Wer weiss, vielleicht entdecken wir Wichtigeres.

Und mit dem Weglassen von alten Traditionen, von Überholtem, nicht mehr Zeitgemässem, wird der Weg frei für Neues!

Titelbild Ausgabe „Happinez 07/2017“

Ich klaue hiermit die farbenfrohe Titelseite der Zeitschrift „Happinez, Ausgabe 07/2017“, die sich mit der Verwandlung, der Metamorphose befasst. Es lohnt sich, etwas zu verändern… und vor allem, an den Wandel zu glauben. Um das Post auch mit gescheiten Worten (des Griechen Heraklit) zu schliessen:

„Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung!“

 

Über Tina

Staatlich unzertifizierte, altmodische und pädagogisch wenig wertvolle Kinder- und Hundebändigerin mit Hang zum Chaos. Und Liebe zum Mann, zum Chaos und zur Nähmaschine.
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